Mr. Olympia – Neuer Eigentümer, neue Location, neuer Termin | Eine Analyse zur Zukunft des „Superbowl of Bodybuilding“

2020 – das Covid-19 Jahr – könnte sich rückblickend als eine Zeitenwende für das Mr. Olympia Weekend herausstellen: neuer Eigentümer, neue Location, neues Datum. Was das alles für den „Superbowl of Bodybuilding“ bedeutet und was sich noch ändern könnte, analysieren wir in diesem Artikel.

Mr. Olympia und American Media

American Media, wie der Name schon vermuten lässt, ein Amerikanischer Medienkonzern, bestand ursprünglich hauptsächlich aus dem „National Enquirer“. Der Enquirer ist ein konservatives wöchentliches Boulevardblatt, dass sich mit den kleinen und großen Skandalen dieser Welt befasst. In den späten 1990ern und 2000er Jahren begann American Media dann eine große Akquisitions-Kampagne und übernahm verschiedene Magazine und andere Medienunternehmen. Im Zuge dessen kam 2003 auch der „Mr. Olympia“ zusammen mit den Magazinen „FLEX“ und „Muscle&Fitness“ ins Portfolio von American Media Boss David J. Pecker. Eine wirkliche Liebesbeziehung war dies aber wohl nie. Zwar wurden die beiden Magazine und das „Mr. Olympia Weekend“ immer straff und professionell geführt, wirkliche Innovationen und Entwicklungen blieben aber vor allem beim Mr. Olympia aus. Während zu Zeiten von Promoter Wayne DeMilia oftmals neue Dinge ausprobiert wurden, so z.B. die Challenge Round, bei der sogar die Urteile der einzelnen Kampfrichter transparent waren, galt nach dem Abgang von Wayne eher „business as usual“. Zudem hatte sich American Media mit der schnellen Expansion wohl auch finanziell übernommen und musste 2010 in Anbetracht von 1 Mrd. $ Schulden sogar Gläubigerschutz beantragen. Das Kaufen und Verkaufen von Marken und Publikationen, verbunden mit dem Versuch, die eigene Liquiditätslage zu verbessern, setzte sich aber fort und traf 2019 sogar den „National Enquirer“ selbst. Angesichts dieses Cash-Bedarfs ist davon auszugehen, dass Käufer Jake Wood bei der Übernahme des „Mr. Olympia Weekends“ zusammen mit „FLEX“ und „Muscle&Fitness“ ein echtes Schnäppchen gemacht haben dürfte.

Wer ist Jake Wood?

Aber wer ist dieser Jake Wood, den noch vor 10 Jahren absolut niemand in der Bodybuilding-Welt kannte? Wood ist der Beweis, dass man auch mit kleinen Dingen großes Geld machen kann. Mit seinen beiden Unternehmen „Van Petty“ und „Republic Fastener“ war er Weltmarktführer für Flugzeug-Nieten (engl. Fasteners) mit nach eigenen Angaben 70% Marktanteil. Egal ob Boeing, Airbus oder kleine Cessnas, sie alle werden von Zehntausenden von Woods Nieten zusammengehalten. 2008 verkaufte er beide Firmen an Alcoa, einen der größten Aluminiumkonzerne der Welt. Laut Unterlagen der US-Börsenaufsicht SEC zahlte Alcoa dafür 276 Millionen $ an den Wood Family Trust. Am Hungertuch nagt Jake also auf jeden Fall nicht.

Jake Wood beim Mr. Olympia 2019

Jake kauft den Mr. Olympia

Jake Wood war nach eigenen Angaben schon immer fasziniert von Bodybuilding und las bereits mit 11 die ersten Bodybuilding-Magazine. Nach dem Verkauf seiner Aluminium-Geschäfte, nun ausgestattet mit jeder Menge Zeit und Geld, entschloss er sich 2011 eine Karriere als Bodybuilding Promoter zu starten. Nach eigenen Angaben hatte er jedoch keine Ahnung, wie das funktionieren sollte. Da kam es ihm gerade recht, dass Tim Gardner für seine Tampa Pro Show noch einen Sponsor suchte oder anderenfalls das Frauen-Bodybuilding aus dem Programm hätte streichen müssen. Jake sprang ein und sicherte somit die Frauen-Bodybuilding-Klasse bei diesem Event ab. Als 2014 dann die „MS Olympia“ gestrichen wurde, kam Wood auf die Idee, die Marke „MS Olympia“ zu lizenzieren. American Media in Person von David Pecker und Eric Weider, dem zu diesem Zeitpunkt noch 50% der Mr. Olympia Brand gehörten, machten ihm ein Angebot von 50.000 $ pro Jahr ohne Garantie auf Verlängerung und einem Mitbestimmungsrecht bei der Umsetzung der Shows. Für Jake war das kein gutes Angebot. Und so dachte sich der passionierte Bodybuilding-Fan, wenn schon 50.000 $ investieren, dann lieber als Preisgeld für seine eigene Show. War er bei der Tampa Pro noch eher passiv als Sponsor beteiligt, startete er nun also mit der Chicago Pro Show seinen ersten eigenen Wettkampf, gefolgt von Rising Phoenix in 2015. Inzwischen sind Jake Woods Marken „Rising Phoenix“ und „Wings of Strength“ aus der Welt des Wettkampf-Bodybuilding nicht mehr weg zu denken. Selbst in Europa ist „Wings of Strength“ inzwischen mit dem „Romania Muscle Fest“ präsent.

Auch in der Welt der Online-Medien spielt Jake Wood inzwischen eine immer wichtigere Rolle. Jake startete mit einer Pay-Website für Frauen-Bodybuilding-Fotos und erreichte damit zu Hochzeiten über eine Million $ Umsatz. Bald merkte er jedoch, dass dieses Geschäftsmodel in Social-Media-Zeiten mit Tausenden kostenfreien Fotos keine große Zukunft hatte. Wood stellte auf ein werbefinanziertes Modell um und arbeitete gleichzeitig daran, die Reichweite zu vergrößern. Dabei half ihm auch die Zusammenarbeit mit American Media Chef David Pecker (dem er nun auch den Mr. Olympia zusammen mit den Marken „FLEX“ und „Muscle&Fitness“ abkaufte). 2018 übernahm Jake‘s „Wings of Strength“ außerdem „DigitalMuscle.com“, ein Online-Bodybuilding-Magazin, gegründet von Dan Solomon. Durch die Zusammenarbeit mit Dan Solomon entstand auch ein engerer Kontakt zum Mr. Olympia, bei dem Wings of Strength 2019 als einer der Hauptsponsoren auftrat. Im Februar 2020 folgte dann schließlich, als vorläufiger Höhepunkt, der Kauf des Mr. Olympia.

Bedeutung des Verkaufs für Fans und Medien

Neben wirtschaftlichen Interessen für den Kauf hat Jake Wood von Anfang an auch das Ziel ausgegeben, den Mr. Olympia „den Fans zurückzugeben“. Es ist also zu erwarten, dass es zukünftig wieder mehr Anpassungen am Konzept geben wird. So steht bereits eine neuer Veranstaltungsort fest und auch, dass die „MS Olympia“ und damit die Bodybuilderinnen wieder zurück auf die große Bühne kommen. Aber auch Medienvertreter hoffen auf einige Änderungen, um die Fans noch besser informieren zu können. So bestand beim Mr. Olympia in der Vergangenheit absolutes Videoverbot, selbst für Interviews, in der gesamten Halle. Dies ist einerseits verständlich, um die Exklusivität des Livestreams und die damit verbundenen Sponsoreneinnahmen zu sichern. Andererseits führte dies aber auch zu der ebenso legendären, wie seltsamen Situation, dass sich alle Medienvertreter zusammen mit eingeweihten Fans am unscheinbaren Seiteneingang der Orleans-Arena versammelten um dort, mitten auf dem Parkplatz ihre Berichte und Zusammenfassungen abzudrehen und den ein oder anderen Profi für Interviews beim Verlassen des Gebäudes abzupassen. Die Arnold Classic USA macht hier vor, wie es geht: Interviews im Saal sind problemlos möglich und Bühnenaufnahmen sind erlaubt, zur Abgrenzung von den Live-Streams jedoch in der zeitlichen Länge limitiert. Jake Wood hat in der Vergangenheit gezeigt, dass er weiß, wie Medien funktionieren und welche Bedeutung sie für den Erfolg eines Events haben und wird sicher auch hier den richtigen Weg finden.

Nicht zuletzt trägt die Übernahme auch zu einer Marktbereinigung bei den amerikanischen Bodybuilding-Online-Medien bei. Die frühere Branchengröße Bodybuilding.com ist schon seit einiger Zeit nur noch als Supplement-Store online. Flex-Online ging bereits in Muscle&Fitness Online auf und wird nun unter dem Dach von Jake Wood Media (JW Media) sicher noch enger mit DigitalMuscle.com und Wings of Strength verzahnt.

MS. Olympia is back!

Frauen Bodybuilding war für Jake Wood nicht nur der Einstieg ins Bodybuilding-Business, er hat auch immer wieder unterstrichen, wie wichtig es für ihn ist, Bodybuilderinnen eine Plattform zu bieten. Mit zunehmendem Alter von Joe Weider und seinem späteren Tod, fehlte dem Frauen-Bodybuilding die führende Kraft, um dieses in die richtige Richtung zu lenken. Und so interessierten sich immer weniger Sponsoren für Frauen-Bodybuilding, bis es schließlich mit der Streichung der Ms. Olympia nahezu vollständig verdrängt wurde. Mit seinen Wettkämpfen arbeitete Jake von Anfang an daran, dies rückgängig zu machen und setzt dem nun die Krone auf: 2020 kehrt der Ms. Olympia Wettkampf zurück nach Las Vegas!

Neue Location: Zappos Theater im Planet Hollywood Hotel

Ein weiteres deutliches Signal für die Bewegung die Jake Wood in das Mr. Olympia Weekend bringt, ist der Wechsel in eine neue Location. Wie Dan Solomon, Mr. Olympia Chief Officer, in einem Interview mit Muscular Development berichtet, sah sich das Team zuvor zahlreiche potentielle Locations mit all ihren Vor- und Nachteilen an. Auch wenn Solomon für die Zusammenarbeit mit dem bisherigen Veranstaltungsort, der Orleans Arena, nur lobende Worte findet, hatte diese für Fans aber einige große Nachteile, die nun mit dem Wechsel behoben werden sollen. Da ist zum einen die Lage. Das Orleans Hotel liegt einige Blocks entfernt vom berühmten Las Vegas Strip mit all seinen Attraktionen. Und auch wenn das Hotel selbst, wie alles in Las Vegas, riesig ist, steht man, sobald man vor die Tür tritt doch mehr oder weniger im Nirgendwo. Dies führte dazu, dass viele der Fans nicht selbst im Orleans übernachteten. Oder wie Dan Solomon es zusammenfasst: Fragtest du 10 Leute, wo sie übernachteten, bekamst du 10 verschiedene Antworten. Nun direkt am Strip bietet nicht nur das Planet Hollywood selbst große Zimmerkapazitäten, in direkter Nachbarschaft befinden sich mit MGM, The Bellagio, Paris oder The Venetian auch die bekanntesten und größten Hotels der Stadt. Solomon hofft dadurch auch ein neues “Community Feeling“ zu schaffen, da sich Fans und Athleten viel häufiger begegnen. Ein weiterer Aspekt ist die Architektur des Zappos Theater. Mit 7.000 Sitzen ist es zwar etwas kleiner als die Orleans Arena mit 10.000 Plätzen, dafür soll die Sicht für alle aber deutlich besser sein. Dan Solomon meint dazu: Eine Arena mit ihrem Stadionrund ist nicht dafür gedacht, dass alle Plätze auf eine Bühne schauen – im Theater dagegen sind alle Sitze auf die Bühne ausgerichtet. Auch was die technischen Möglichkeiten angeht, verspricht der Olympia Chief Officer das „next Level“.

Eindrücke aus dem Zappos Theater:

Wohin die Expo (bisher weit entfernt im Las Vegas Convention Center) umziehen wird, ist laut Dan Solomon noch nicht abschließend entschieden und es liegen noch mehrere Optionen auf dem Tisch. Der Fokus soll jedoch auf „ convenience”, also Bequemlichkeit, liegen. Das Convention Center dürfte damit aus dem Rennen sein.

Neuer Termin: 16. bis 20. Dezember 2020

Weniger dem Besitzerwechsel als viel mehr der Covid-19 Pandemie geschuldet ist der geänderte Termin des Mr. Olympia 2020. Dan Solomon sagt dazu, Ziel war ein Maximum an Sicherheit und Verlässlichkeit. So wollte man einerseits den Athleten möglichst frühzeitig den neuen Termin kommunizieren, damit diese ihre Vorbereitung entsprechend planen können. Gleichzeitig wollte man schon jetzt sichergehen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der neue Termin stattfinden kann, möglichst hoch ist. Und so entschloss man sich, den Termin bis kurz vor Weihnachten zu verschieben. Dan Solomon sieht dies sogar positiv und meint mit den Weihnachtsfeiertagen im Blick haben alle den Kopf frei und können den Mr. Olympia so noch entspannter und in einem ganz besonderen Flair genießen. Angenehm warm dürfte es in Las Vegas übrigens auch im Dezember noch werden.

Mit der Verschiebung des Mr. Olympia verschiebt sich außerdem auch die Deadline für die Qualifikation. Die potenziellen Olympians haben nun bis 18. Oktober 2020 Zeit, sich für die Olympia-Bühne zu qualifizieren.

Weitere Highlights

Auch von Athletenseite verspricht der Mr. Olympia 2020 etwas besonderes zu werden. So hat die vierfache Ms. Fitness Olympia Oksana Grishina ihr Comeback für dieses Jahr angekündigt. Noch gespannter dürften die Bodybuilding-Fans in aller Welt auf den Start des 7-fachen 212 Olympia Champions Flex Lewis sein, der in diesem Jahr erstmals in der offenen Klasse antreten will.

Und nicht zuletzt hat Jake Wood bestätigt, dass er trotz der schwierigen Umstände der aktuellen Corona-Pandemie die Preisgelder für die Athleten weiter anheben wird.

„Bring the Olympia back to the fans!” – wir sind gespannt!

Alle Infos und Tickets zum Mr. Olympia 2020 unter www.mrolympia.com.